Um der wachsenden Nachfrage nach Krippen- und Kitaplätzen gerecht zu werden, bedarf es mehr pädagogischer Fachkräfte. Um dieses Ziel zu erreichen, muss der Beruf durch bessere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen attraktiver gemacht worden.
Fachkraft-Alarm in München: Von 3 150 Stellen in Kitas und Horten sind, so berichtet die Süddeutsche Zeitung am 14. Februar 2015, 260 unbesetzt. In den nächsten Jahren müssen aufgrund des starken Anstiegs der Bevölkerung weitere 8 500 Krippen- und 6 200 Kitaplätze geschaffen und 24 zusätzliche Grundschulen gebaut werden.
München ist kein Einzelfall. Auch in anderen Großstädten wie Stuttgart, Hamburg, Frankfurt am Main und Dresden ist die Situation ähnlich. „An allen Ecken“, so Jenny Thörner-Klasen in der GEW-Kitadokumentation*, „fehlt ständig Personal. Wir sollen aber gleichzeitig dem Bildungsauftrag gerecht werden.“ Statt weitere Fachkräfte einzustellen, werden vielerorts Öffnungszeiten verkürzt, Gruppen vergrößert und Ausflüge gestrichen. Folge der schlechten Arbeitsbedingungen: Die Krankheitsquote unter den Erzieherinnen und Erziehern nimmt zu. Ersatz ist nicht in Sicht.
Seit dem Beschluss des Deutschen Bundestages von 2008, ab dem 1. August 2013 jedem Kind ab dem vollendeten ersten Lebensjahr einen Betreuungsplatz zu garantieren, entstanden 330 000 neue Plätze, 90 000 Erzieherinnen und Erzieher sind zusätzlich eingestellt worden.
Gelungen ist dies nur, weil man zum einen die Ausbildungskapazitäten von 18 000 Absolventinnen und Absolventen im Jahr 2006 auf 28 000 im Jahr 2014 erhöht hat. Zum anderen konnte ein beachtlicher Anteil benötigter Fachkräfte durch entsprechend qualifiziertes Fachpersonal abgedeckt werden, das zuvor entweder einer anderen Beschäftigung nachgegangen ist oder arbeitslos war. Nach einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) vom Dezember 2014 ist diese Arbeitsmarktreserve allerdings aufgebraucht.
Arbeitsmarkt Kita expandiert
Auch wenn durch den erkennbaren demografischen Wandel die Geburtenzahlen rückläufig sind, steigt die Nachfrage nach Betreuungsangeboten, insbesondere im U3-Bereich, weiter an. Und die Expansion des Arbeitsmarkts Kita ist noch längst nicht zu Ende. Deshalb bleibt es die zentrale Herausforderung für Bund und Kommunen, neue Fachkräfte zu gewinnen. In den Jahren 2014 bis 2025 werden knapp 200 000 Beschäftigte die Kita verlassen: 118 000 Erzieherinnen aus Altersgründen, 24 500 krankheitsbedingt und 55 500 Fachkräfte aus anderen Gründen.** Diese Stellen sind 1:1 wiederzubesetzen. Darüber hinaus ist es dringend erforderlich, den Personalschlüssel (Fachkraft-Kind-Relation) zu verbessern. Nach Berechnungen der Bertelsmann Stiftung gibt es einen zusätzlichen Personalbedarf von bis zu 120 000 pädagogischen Fachkräften.*** Bis zum Jahr 2025 müssen also rund 310 000 sozialpädagogische Fachkräfte für den Beruf angeworben und ausgebildet werden.
Nach Prognosen der Kultusministerkonferenz (KMK) soll die Zahl der Schulabgängerinnen und -abgänger mit Realschulabschluss oder Abitur von 650 000 im Jahr 2015 auf 570 000 im Jahr 2025 zurückgehen. Zugleich wird der Personalbedarf im Kita-Bereich größer werden. Der Anteil derjenigen, die eine Ausbildung als Kinderpflegerin oder Erzieherin absolvieren, müsste sich von 4,67 Prozent auf 5,34 Prozent eines Jahrgangs, also um rund 0,7 Prozent erhöhen. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn man Erzieherinnen und Erzieher endlich besser bezahlt und es mehr Möglichkeiten des beruflichen Aufstiegs gibt.
Bernhard Eibeck,
Referent im GEW-Organisationsbereich Jugendhilfe und Sozialarbeit
Der Artikel erschien in der E&W 4/2015
*E&W extra Sozial- und Erziehungsdienst. Die Broschüre steht als PDF-Datei zum Download zur Verfügung (Link siehe Infokasten rechts oben) und kann kostenfrei bestellt werden unter .
**Siehe: Matthias Schilling: Fachkräftebedarf und Fachkräftedeckung der Kindertagesbetreuung 2014 bis 2025.
In: Hanssen/König/Nürnberg/Rauschenbach: Arbeitsplatz Kita. Analysen zum Fachkräftebarometer Frühe Bildung 2014, München 2014
***Gemäß der von der Bertelsmann Stiftung zugrunde gelegten Personalrelation Krippe 1:3, Kita drei Jahre bis Schuleintritt 1: