Wie am Dienstag bekannt wurde, will die Schulbehörde zum kommenden Schuljahr per Dienstanweisung die von der GEW scharf kritisierte neue Dienstzeitregelung für den Einsatz des sogenannten pädagogischen und therapeutischen Fachpersonals (PTF) umsetzen. Den über 2000 Ergo- und Physiotherapeut*innen, Erzieher*innen, Sozialpädagog*innen, Heilerziehungspfleger*innen und Sozialpädagogische Assistent*innen an Hamburger Schulen wird damit eine vereinheitlichte Aufteilung der Arbeitszeit verordnet, ohne Rücksicht auf die unterschiedlichen Anforderungen der einzelnen Berufe und Einsatzbereiche. Eine Ergotherapeutin mit festen Behandlungsterminen wird danach genauso behandelt wie eine Sozialpädagogin im schulischen Beratungsdienst.
Um den Unmut der betroffenen Kolleginnen und Kollegen deutlich zu machen hat die GEW unter dem Motto ‚Stoppt die Dienstanweisung‘ zu einer Protestkundgebung am 24. Mai um 17.00 Uhr auf dem Vorplatz der U-Bahn-Haltestelle Mundsburg aufgerufen. Gut 200 Kolleginnen und Kollegen haben sich beteiligt und ihren Unmut deutlich gemacht.
Im Anschluss ging eine 20-köpfige Delegation in die Schulbehörde und führte ein kurzes Gespräch mit Schulsenator Rabe. Er stellte dar, dass er mit der Dienstanweisung nicht sparen wolle und an Kitas mehr Zeit am Kind gearbeitet werde. Die Kolleginnen und Kollegen haben ihre Argumente zum Stopp der DZR vorgetragen. Im Anschluss wurde dem Senator der Gewerkschaftstags-Beschluss zum Thema übergeben.
„Wir haben die Kolleginnen und Kollegen bei der Kundgebung aufgerufen, bei ihren Leitungen in der Schule deutlich zu machen, dass so die Arbeit leidet! Wir haben sie aufgefordert, den Protest nicht aufzugeben, bis die Schulbehörde endlich versteht, dass sie ohne die PTF-Kolleginnen und Kollegen, ohne deren fachliche Expertise kein angemessenes Konzept für diesen so wichtigen Bereich von Arbeit in der Schule zustande kriegen! Wir pfeifen auf die DZR!“ kommentiert Birgit Rettmer, PTF-Expertin der GEW Hamburg.
Die neue Dienstzeitregelung sieht eine Aufteilung der Arbeitszeit analog zu dem Verfahren bei Lehrkräften vor. Dabei werden die Kolleg*innen zu 81,5% ihrer Arbeitszeit von der Schulleitung fest verplant für Tätigkeiten unmittelbar mit und für Schüler*innen, also in der Regel im Unterricht oder Ganztagsbereich. Nur ein geringer, akribisch errechneter Teil der Arbeitszeit, bei Vollzeitbeschäftigten jeweils 4,2 Stunden pro Woche soll für Kooperation, Koordination und Kommunikation, die sog. „K-Zeit“ sowie Vor- und Nachbereitung der Tätigkeiten, „V/N-Zeit“, zur Verfügung stehen.
Der Rede der GEW-Vorsitzenden Anja Bensinger-Stolze findet sich unten.
Foto: Aktion am 24.5 in Mundsburg bei der Schulbehörde / GEW Hamburg
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Rede der GEW-Vorsitzenden Anja Bensinger-Stolze
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
es ist gut, dass Ihr alle hier seid! Alle heißt in diesem Fall: Erzieher*innen, Ergo- und Physiotherapeut*innen, Sozialpädagog*innen, soz.päd. Assistent*innen und Heilerziehungs*pfleger*innen! Ihr alle wollt - jede, jeder in seiner Profession, an der jeweiligen Schule, in dem speziellen Arbeitsbereich - gute Arbeit leisten. Und das, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht mit der jetzt herausgegebenen Dienstanweisung nicht! Darauf pfeifen wir!
Es ist schon gar nicht mehr aufzuzählen, wie häufig Ihr als Expert*innen Eurer Arbeit gemeinsam mit den Gewerkschaften darauf hingewiesen habt, dass gute Arbeit mit Kindern ausreichend Zeit braucht und dass deshalb ein über einen Kamm scheren Eurer unterschiedlichen und vielfältigen Arbeit falsch ist. Dies geschah in Gesprächen, auf Fachtagungen, aber auch lautstark als Protest. Aber die BSB will nicht hören! Kolleginnen und Kollegen, deshalb pfeifen wir sie heute aus!
Vor einem am 26.6.2017 haben wir am Ende eines Protestzuges zur BSB – da war sie gerade in der Amsinckstraße untergebracht – Unterschriften überreicht und damit ein weiteres Mal deutlich gemacht, dass die Hochschraubung der von der Schulleitung fest verplanbaren Zeit auf über 80% die Arbeit an vielen Stellen unmöglich macht. Die Unterschriften wurden entgegen genommen, aber verstanden hat die BSB wohl nichts! Deshalb pfeifen wir sie heute aus!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf den Infoveranstaltungen am Dienstag wurde bereits deutlich, wie die Dienstanweisung von vielen Schulleitungen umgesetzt wird: zu viel fest verplante Zeiten! Zu wenig für Vor- und Nachbereitung, zu wenig für Besprechungen, zu wenig für Netzwerkarbeit usw. usw. Das geht zu Lasten der Euch anvertrauten Kinder und Jugendlichen! Das geht zu Lasten Eurer Arbeitsbedingungen! Darauf pfeifen wir!
Die Behörde hat immer noch keine Fachaufsicht für Euren Bereich. Weiterhin wird über Eure Arbeit von Nicht-Expert*innen bestimmt. Jetzt soll es eine Ausschreibung für diesen Posten geben. Aber Kolleginnen und Kollegen, wer wird sich jetzt noch darauf bewerben? Alle Gestaltungsspielräume sind abgeräumt. Sollte es keine Bewerbungen dafür geben, liegt es nicht daran, dass es dafür keine kompetenten Menschen gibt, sondern weil die Behörde in diesem Bereich einen Scherbenhaufen produziert hat. Wir pfeifen auf solch ein Vorgehen!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, macht bei Euren Leitungen in der Schule deutlich, dass so die Arbeit leidet! Gebt mit Eurem Protest nicht auf, bis die BSB endlich versteht, dass sie ohne Euch, ohne Eure fachliche Expertise kein angemessenes Konzept für diesen so wichtigen Bereich von Arbeit in der Schule zustande kriegt! Wir pfeifen auf die DZR!
Kolleginnen und Kollegen, gebt nicht auf!