„Sitzenbleiben“ ist in Hamburg seit dem Schuljahr 2010/2011 nicht mehr möglich. Eine Klassenwiederholung oder ein Schulformwechsel vom Gymnasium auf die Stadtteilschule ist aber nach wie vor nach der 6. und 10. Klasse möglich. An dieser neuralgischen Stelle in der Schullaufbahn einzelner Kinder zeigt sich ein wesentlicher Konstruktionsfehler des Zwei-Säulen-Modells.
Fast jedes zehnte Kind ist betroffen
Die Gesamtzahl der Übergänge vom Gymnasium auf die Stadtteilschule ist im laufenden Schuljahr nach Angaben der Schulbehörde leicht gestiegen. Im Schuljahr 2023/24 gab es 780 Wechsel vom Gymnasium auf die Stadtteilschule am Ende der 6. Damit sind 9,8 Prozent aller Sechstklässler, die im vergangenen Schuljahr ein Gymnasium besucht haben, auf die Stadtteilschule gewechselt. Das waren 780 Kinder. Ein Schuljahr zuvor lag die Quote bei 8,8 Prozent mit 697 Schülern. Für das laufende Schuljahr wird eine ähnliche Zahl erwartet.
GEW zu den Abschulungen vom Gymnasium auf die Stadtteilschule
Belastende Situation für die betroffenen Schüler*innen
Dieser einseitig ausgelegte Schulformwechsel führt häufig zu einer belastenden Situation für die betroffenen Schülerinnen und Schüler, die sich besonders in der abwertenden Bezeichnung „Abschulung“ manifestiert. Gymnasien sollten nicht „abschulen“ müssen, denn dies demotiviert und kann zu Lernversagen führen.
Zudem stellt dieser Schulformwechsel die aufnehmenden Schulen vor organisatorische Probleme. Einige Stadtteilschulen richten für die ehemals als „Rückläufer“ bezeichneten Schüler*innen eigene Klassen ein, andere verteilen sie auf bestehende Klassen oder organisieren die Verteilung insgesamt neu. Durch diese Schüler*innen erhalten die Stadtteilschulen immer mehr Kinder, die zwei Jahre lang Misserfolge in der Schule hatten. Es bedarf einer großen pädagogischen Anstrengung, sie wieder aufzubauen.
Die Stadtteilschulen müssen nicht nur fast die gesamte Inklusion und Integration der schulpflichtigen Geflüchteten leisten, sondern auch regelmäßig eine wachsende Gruppe von Schüler*innen auffangen, die „abgeschult“ wurden. An diesem neuralgischen Punkt in der Schullaufbahn einzelner Kinder zeigt sich ein wesentlicher Konstruktionsfehler des Zwei-Säulen-Modells.
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Bild: Enrique Meseguer / Pixabay