Ein Kitatagebuch der unbezahlten Tätigkeiten wurde dem Senat übergeben. Das Kitanetzwerk bleibt aktiv für die finanzielle Absicherung höherer Qualitätsstandards
Das Kitanetzwerk-Hamburg wird auch in diesem Jahr nicht müde werden und den Senat daran erinnern, dass die Arbeitsbedingungen in den Hamburger Kindertagesstätten verbessert werden müssen.
Nach wie vor sind die Personalschlüssel weit von den Erzieher_ in-Kind-Relationen entfernt, die von Fachleuten angeraten werden.
Nicht nur die direkte Arbeit am und mit den zu betreuenden Kindern muss dringend verbessert werden, es muss auch Personal für den Vertretungsfall und für die mittelbaren pädagogischen Aufgaben in das Kita- Gutscheinsystem einbezogen werden.
Die Forderung lautet nach wie vor: 25 Prozent mehr Personal in den Kindertagesstätten. Davon 17,45 Prozent für sämtliche Ausfallzeiten und 7,55 Prozent mehr Personal für mittelbare Pädagogik.
Das Kitanetzwerk hat am 6.1.2016 das „Kitatagebuch der unbezahlten Tätigkeiten“ im Hamburger Rathaus übergeben. Die Leitungen der Hamburger Kindertagesstätten waren aufgefordert, alle Tätigkeiten, die neben der Arbeit am Kind tagtäglich innerhalb einer Woche anfallen, tabellarisch in einer Formularvorlage schriftlich festzuhalten. Die noch bis zum Dezember eingesammelten Formulare wurden in Buchform gebunden und Herrn Dr. Dressel (SPD-Fraktionsführer in Hamburg) und Herrn Kleßmann, der stellvertretend für Frau Leonhardt (Senatorin BASFI) anwesend war, überreicht.
Mit dieser Aktion hat das Netzwerk erneut darauf hingewiesen, dass die Zeiten für die mittelbare Pädagogik nicht im Landesrahmenvertrag berücksichtigt werden und welch hohe Wochenstunden-Zahl diese in Anspruch nimmt. Außerdem wird im Kitatagebuch auf die hohen Ausfallzeiten der Hamburger Kitas hingewiesen, welche ebenfalls keine Berücksichtigung im Landesrahmenvertrag finden.
Das Kitanetzwerk-Hamburg ist ein Zusammenschluss von Beschäftigten und Eltern, es wird von den Gewerkschaften ver.di und GEW unterstützt. In den nächsten Tagen werden in kleiner Runde weitere Aktionen für dieses Jahr geplant und bei den regelmäßig stattfindenden Netzwerk-Treffen konkretisiert.
Auch auf Bundesebene ist die GEW aktiv. In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Caritasverband und der AWO-Arbeiterwohlfahrt wurde ein Rechtsgutachten über die Einführung eines Bundeskita-Qualitätsgesetz in Auftrag gegeben.
Ergebnis: Ein Bundesqualitätsgesetz für Kitas ist möglich: Der Bund verfüge über die notwendige Gesetzgebungskompetenz, die Länder seien für die Umsetzung zuständig. Zu diesem Ergebnis kommt ein Rechtsgutachten von Prof. Joachim Wieland von der Universität für Verwaltungsrecht Speyer, das er im Rahmen einer Bundespressekonferenz in Berlin vorgestellt hat. Eine bundesgesetzliche Regelung sei erforderlich, um gleichwertige Lebensverhältnisse herzustellen sowie die Rechts- und Wirtschaftseinheit in Deutschland zu wahren, erklärte Wieland. Die Arbeiterwohlfahrt hatte die Expertise in Absprache mit dem Deutschen Caritasverband (DCV) und der GEW in Auftrag gegeben. „Rechtlich ist damit der Weg frei für ein Bundesqualitätsgesetz“, stellen die drei Organisationen fest. „Jetzt ist der politische Wille von Bund, Ländern und Kommunen erforderlich, um die Qualität in den Kindertageseinrichtungen in den Vordergrund zu rücken“, unterstreicht der Generalsekretär des Deutschen Caritasverbandes, Georg Cremer. GEW-Vorsitzende Marlis Tepe betont, dass Kinder pädagogische Fachkräfte brauchten, die durch bessere Rahmenbedingungen entlastet werden, um die gesellschaftlichen Anforderungen erfüllen zu können: „Dazu gehören eine bessere Fachkraft-Kind Relation, ausreichende Vor- und Nachbereitungszeit für pädagogische Fachkräfte, hinreichende Freistellung von Kita-Leitungen sowie Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen. Für die finanzielle Absicherung dieser Qualitätsstandards müssen Bund, Länder und Kommunen an einem Strang ziehen.“
Das Rechtsgutachten ist auf der Internetseite www.gew.de/kita zu finden.
Weitere Themen, die von der Fachgruppe Kinder- und Jugendhilfe in Hamburg bearbeitet werden, sind aktuell die Umsetzung des Tarifabschlusses im Tarifteil Sozial- und Erziehungsdienst für die tarifbeteiligten Kolleginnen und Kollegen und die Unterstützung der Volksinitiative Guter Ganztag. Sie setzt sich für Verbesserungen in der Ganztagsschule ein und in Hamburg auch für die Arbeitsbedingungen der Kita-Träger, die als Kooperationspartner in den GBS-Grundschulen die Nachmittagsbetreuung der Hamburger Grundschüler_innen übernehmen.
Auch 2016 wird wieder ein arbeitsreiches Jahr. Erzieherinnen und Erzieher haben erkannt, dass die Mitgliedschaft in der GEW vielfältig ist, da sie nicht nur gefragt sind, wenn es darum geht, in Tarifauseinandersetzungen aktiv zu werden , sondern sich hier auch gemeinsam politisch für die Verbesserungen von Arbeitsbedingungen einsetzen können. Dort, wo dem/der Einzelnen die „Puste“ ausgehen kann, können wir unsere Kräfte bündeln und mit langem Atem dem jeweils amtierenden Senat und den Senatoren entgegentreten, um für unsere Ziele zu kämpfen.
Jens Kastner, Sprecher der Fachgruppe Kinder- und Jugendhilfe
Der Artikel erschien in der hlz 1-2/2016
Foto: Kitanetzwerk Hamburg