Angesichts der Diskussion um die Finanzierung der Hamburger Hochschulen stellt die GEW fest, dass die von der Wissenschaftsbehörde vorgesehene Erhöhung der Mittel richtig ist, sie aber bei weitem nicht ausreicht, um die seit Jahren andauernde Unterfinanzierung kompensieren und stabilere Beschäftigungsverhältnisse schaffen zu können. Die GEW teilt daher die Kritik u.a. der Landeshochschulkonferenz Hamburg (LHK).
„Entscheidend für exzellente Arbeitsbedingungen ist ein exzellenter Etat, daher fordern wir eine Steigerung der Landes-Grundmittel um mindestens drei, besser sechs Prozent pro Jahr. Ärgerlich ist, dass keine planbare Steigerungsquote vorgesehen ist, sondern ein vages Packet von möglichen Extra-Zahlungen. Hier kann noch nachgebessert werden, denn bei höheren Tarifabschlüssen bleibt die faktische Schrumpfung der Etats wie in der Vergangenheit bestehen“, so Fredrik Dehnerdt, stellvertretender Vorsitzender der GEW Hamburg.
Ein weiteres Ärgernis in Bezug auf die Wissenschaftsbehörde ist, dass sie Regelungen zur Beschäftigtensicherheit verweigert und sich unter den Errungenschaften der früher SPD-geführten Wissenschaftsbehörde sonnt, was im Folgenden ausgeführt wird.
Die Beschäftigungsverhältnisse der Wissenschaftler*innen an den Hamburger Hochschulen sind seit Jahren schwierig, Befristungen und Teilzeit dominieren das Bild. Etwas Bewegung kommt nun durch Bundesinitiativen, die einen veränderten Rahmen dafür geschaffen haben, um in den Bundesländern für Verbesserungen zu sorgen. Doch leider weigert sich die Wissenschaftsbehörde, den neuen Gestaltungsspielraum für stabilere Beschäftigungsverhältnisse zu nutzen, und stiehlt sich aus ihrer Verantwortung, die sie mit dem Label „Stadt der guten Arbeit“ vor sich herträgt. Der Fetisch der „Hochschulautonomie“, die faktisch die Hochschule der Willkür von Präsident*innen, Hochschulrät*innen und Dekan*innen ausliefert, ist grüner Wissenschaftspolitik wichtiger, als für kalkulierbare Karrierewege in der Wissenschaft und angemessene Lehrauftragsvergütung zu sorgen.
Mehr Dauerstellen? – „Wollen wir nicht festschreiben“
Anfang Mai 2019 hat die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern (GWK) die Fortsetzung des Hochschulpakts 2020 beschlossen, der nun unter dem Namen „Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken“ weitergeführt wird. Neben dem Erhalt der Studienkapazitäten beinhaltet der Zukunftsvertrag auch Zielvorgaben im Bereich des Ausbaus unbefristeter Beschäftigungsverhältnisse. Voraussetzung für die Bereitstellung der Bundesmittel ist eine Verpflichtungserklärung, worin die Behörde darlegt, nach welchen Kriterien sie die Mittel aus dem Zukunftsvertrag an die jeweiligen Hochschulen vergibt. Erwartet wurde, dass Hamburg, wie andere Bundesländer es vorgemacht haben, eine Quote von Dauerstellen vorgibt, die erreicht werden muss (siehe hierzu auch https://www.gew.de/aktuelles/detailseite/neuigkeiten/analyse-der-verpflichtungserklaerungen-der-laender0/).
In einer Schriftlichen Kleinen Anfrage der Linken wurde nachgefragt, welche Kriterien die Behörde erlassen will, um den Anteil dauerhafter Beschäftigung zu erhöhen. Die Antwort verwundert, denn dort heißt es, dass in „den Hamburger Zukunftsverträgen bzw. Ziel- und Leistungsvereinbarungen […] keine spezifischen Zielzahlen vereinbart“ würden (DS 22/984).
Die Hamburger Verpflichtungserklärung ist somit leider eines der Beispiele, an dem die Schwäche des Zukunftsvertrages deutlich wird. Dies zeigt sich darin, dass weder Zielquoten für den Anteil unbefristeter Beschäftigungsverhältnisse noch konkrete Entwicklungsziele bezüglich des Frauenanteils bei den Professuren genannt werden. Es ist bedauerlich, dass die Behörde ihrer Verantwortung und Verpflichtung, Kriterien aufzustellen, um den Anteil dauerhafter Beschäftigung zu erhöhen, einfach nicht nachkommt und es ins Belieben der Hochschulen stellt, hier weiter nach dem Hire and Fire-Prinzip zu verfahren.
Nachteilsregelungen für Corona-Betroffene? – „Ja, aber nur leise verkündet und streng individualisiert“
Ähnlich ärgerlich ist die Zurückhaltung der Behörde in Bezug auf einen Nachteilsausgleich für von der Corona-Pandemie betroffene Wissenschaftler*innen. Mit der Pandemie gehen erhebliche Beeinträchtigungen von Lehre und Studium, Forschung und wissenschaftlicher Qualifizierung einher.
Im Mai 2020 beschloss der Bundestag eine Änderung des sog. Wissenschafts-Zeitvertragsgesetzes (Wissenschafts- und Studierendenunterstützungsgesetz), um coronabedingte Nachteile für befristet beschäftigte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auszugleichen. Festgelegt wurde, dass befristete Arbeitsverträge zwar verlängert werden können, aber nicht müssen. Ob nun vor Ort bürokratische Einzelfallentscheidungen getroffen werden müssen oder befristete Arbeitsverträge pauschal um mindestens sechs Monate verlängert werden – im Sinne eines kollektiven Nachteilausgleiches, wie die GEW ihn fordert – liegt somit in der Verantwortung der Hochschulleitungen oder ist ganz vom Wohlwollen der Dekanate bzw. der jeweiligen Vorgesetzten abhängig (siehe hierzu auch: https://www.gew-hamburg.de/themen/hochschule-und-forschung/gew-fordert-verlaengerung-von-zeitvertraegen).
Auch hierzu wurde eine Schriftliche Kleine Anfrage der Linken gestellt – mit ernüchterndem Ergebnis: Die Behörde weist jede Personalverantwortung von sich und stellt fest, dass dies „grundsätzlich Sache der Hochschulen“ sei (DS 22/1139). Eine pauschale Verlängerung sei aus Sicht der Hochschulen nicht möglich. Möglich sei, wie vom Bund vorgegeben, eine antragsbezogene Einzelfallbetrachtung. Seien Anträge begründet und Finanzierungsmöglichkeiten vorhanden, könne verlängert werden.
Dass die Behörde jede Art von Personalverantwortung von sich weist, ist ungewöhnlich. Sie sollte zumindest sicherstellen, dass die Hochschulen und Forschungseinrichtungen großzügig von der Verlängerungsoption Gebrauch machen und sich mit ihren Personalräten auf entsprechende Vereinbarungen verständigen. Darüber hinaus schlägt die GEW vor, einen Teil der Corona-Sondermittel für die Einrichtung eines Notfallfonds einzusetzen, aus dem solche Verlängerungen finanziert werden können, ohne dass es zu Lasten anderer Bereiche geht. Hier sind die Behörde und das Land in der Pflicht.
Der Code of Conduct wirkt, aber weitere Verbesserungen werden abgewiesen
Die auf Druck von GEW, Personalräten und Mittelbauvertretungen 2013 noch unter der SPD-geführten Wissenschaftsbehörde erfolgten Errungenschaften im Rahmen des Code of Conduct wirken, wie eine frische Evaluation der Einstellungszahlen zeigt.
Von den an der Uni Hamburg zuletzt eingestellten 137 Beschäftigten in der Lehre (sog. §28 Absatz § HmbHG-Stellen) sind 125 unbefristet eingestellt, was einen großen Erfolg darstellt und das in anderen Bereichen übliche Verhältnis von bis zu 90% befristeten Stellen fast umkehrt. Erreicht wurde dies durch eine Änderung des Hochschulgesetzes, in dem seit 2013 steht, dass „für Daueraufgaben Dauerstellen“ vorzusehen sind (zum Code of Conduct siehe https://www.gew-hamburg.de/themen/hochschule-und-forschung/leitfaden-gute-arbeit-in-der-wissenschaft-vor-ort-umsetzen).
Diese konkrete Verbesserung begründet sich in einer gesetzlichen Änderung – ein Weg, den die grüne Behörde seit Amtsantritt von Frau Fegebank konsequent verweigert.
Deutlich wird, dass der 2013 vereinbarte Code sowie die vorgenommenen Änderungen am Hamburgischen Hochschulgesetz richtig waren, aber klar ist ebenso, dass hier nicht nachgelassen, sondern nachgelegt werden muss, denn noch immer dominieren atypische Beschäftigungsverhältnisse den Wissenschaftsbetrieb. Leider will die aktuell grün geführte Behörde lediglich evaluieren, verweigert jedoch, nachzusteuern. Dies werden wir gegenüber der Wissenschaftsbehörde weiterhin offensiv vertreten.
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