Hamburg ist eine reiche Stadt in einem reichen Kontinent. Auch in den letzten Jahrzehnten ist die Produktivität und Kreativität der Gesellschaft enorm gewachsen. Zugleich ist Hamburg eine gespaltene Stadt. Der Anteil der Menschen, die arm sind, hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Hinzu kommt, dass sich Armut und Reichtum nicht gleichmäßig übers Stadtgebiet verteilen, sondern sich mehr oder weniger konzentriert in Quartieren oder städtischen Regionen finden, die immer stärker gegeneinander abgeschottet sind. Die Unterschiede zwischen den Stadtteilen schlagen sich in der sozialen Zusammensetzung der Schülerschaften der Schulen nieder. Es zeigt sich der hohe Einfluss der soziodemographischen Merkmale des Stadtteils, in dem die SchülerInnen wohnen, und ein enger Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Schulerfolg. Dies führt auch zu einer sozialen Spaltung der Demokratie. Eine vergleichsweise hohe Wahlbeteiligung weisen statushohe Stadtteile auf. Statusniedrige Wohngebiete sind dagegen durch eine geringe Wahlbeteiligung gekennzeichnet. Bildungserwerb und demokratische Beteiligung bedingen einander, daher sind Investitionen in Bildung notwendiger Bestandteil einer demokratischen und sozialen Stadtpolitik.
Wir begrüßen die Ankündigung des Senats, dass er gezielt in gute Bildung von der Kita über die Schule bis zur Hochschule investieren will, sehen diese Ankündigung im Haushaltsplan-Entwurf jedoch nicht erfüllt. Die zu erwartenden Steigerungen spiegeln die wachsenden Bedarfe wider und sind zugleich Ausdruck stetig steigender Mehreinnahmen, mehr aber auch nicht. Aus Sicht der GEW ist eine verstärkte Finanzierung und Ausstattung des Bildungswesens zwingende Voraussetzung für eine demokratische, inklusive, soziale und wirtschaftlich prosperierende Gesellschaft. Diese Voraussetzung ist weiterhin nicht gegeben.
Bei den Kindertagestätten kündigt der Senat an, nicht nur für mehr Plätze, sondern auch für mehr Fachkräfte zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen. Unerwähnt bleibt, dass der angekündigte Aufwuchs an Erzieherinnen und Erziehern ein Ergebnis der Volksinitiative „Mehr Hände für Hamburgs Kitas“ ist, die maßgeblich von der GEW unterstützt wurde. Die Forderung nach 25% mehr Personal, um sowohl die Ausfallzeiten, als auch den Anteil der mittelbaren pädagogischen Arbeit endlich in die Finanzierung der Kita-Träger einzubauen, wird auch mit dem Kompromiss, den die Volksinitiative mit dem Senat noch im Herbst endgültig vereinbarte und in der Bürgerschaft beschlossen werden muss, nicht erreicht. Der Kompromiss bildet nur einen Zwischenschritt zum Ziel einer wissenschaftlich nachgewiesenen guten Fachkraft-Kind-Relation von 1:4 im Krippenbereich und 1:10 im Elementarbereich, bzw. einen Personalschlüssel von 1:3, bzw. 1:7,5. Wir fordern den Senat auf, weitere Anstrengungen in Absprache mit den Gewerkschaften durchzuführen, um dem Fachkräftemangel zu begegnen und so die erforderlichen Personalschlüssel in den Kitas möglich zu machen.
In Bezug auf die Hamburger Schulen stellt der Senat fest, dass diese zu den am besten ausgestatteten Schulen bundesweit zählten und der Etat seit 2011 erheblich gesteigert wurde, um u.a. Ganztagsangebote und Inklusion umzusetzen. Unerwähnt bleibt auch hier, die die gesteigerten Mittel direktes Ergebnis der von der GEW mit unterstützten Volksinitiativen „Guter Ganztag“ und „Gute Inklusion für Hamburgs SchülerInnen“ sind, gegen die sich der Senat lange sperrte. In Bezug auf den Haushalt 2019/20 fordert die GEW, zusätzliche Mittel bereitzustellen, um angesichts des Lehrkräftemangels den Beruf attraktiver zu machen.
„Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst sollen nicht in erster Linie bedarfsdeckend Unterricht machen, sondern gut ausgebildet werden. Dies bedarf einer guten Begleitung in der Schule und am Landesinstitut. Deshalb sind dort die Kapazitäten für Ausbildung deutlich aufzustocken. Wir fordern A13Z bzw. E13 für alle beamteten und angestellten Grund‐ und Mittelstufenlehrkräfte und damit gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Die Gespräche zur Umsetzung dieser Forderung mit der Behörde laufen, und es wäre ein gutes Zeichen, wenn sich diese Maßnahme zur Steigerung der Attraktivität des Berufs auch im Haushalt niederschlagen würde“, kommentiert Anja Bensinger-Stolze, Vorsitzende der GEW Hamburg.
Für den Wissenschaftsbereich wird ein Aufwuchs des Gesamtetats von über zehn Prozent in 2019 in Aussicht gestellt, der zur Steigerung der Hochschulbudgets, für die bauliche Modernisierung sowie die Landesforschungsförderung verwendet werden sollen. Angesichts faktischer Kürzungen des Etats über die letzten Jahre, dessen jährlicher Aufwuchs von 0,88 % nicht einmal die Tarifsteigerungen deckte, ist dieser deutliche Aufwuchs nun auch dringend nötig. Unbedingt sichergestellt werden sollte, dass die Hochschuletats um mindestens drei, besser noch sechs, Prozent pro Jahr anwachsen. Entscheidend ist dabei eine Stärkung der Grundfinanzierung. Keinesfalls dürfen zusätzliche Mittel als temporäre Mittel an die Hochschulen gegeben werden, da aus diesen ausschließlich befristete Stellen generiert werden.
Auch bei der Weiterbildung ist viel zu tun. Kursleiterinnen und -leiter an der Volkshochschule Hamburg werden weiter als Lehrkräfte zweiter Klasse behandelt: Oft hochqualifiziert, werden sie weder fest angestellt noch angemessen bezahlt. Diese Praxis wird auf kurz oder lang dazu führen, dass sich noch mehr Kursleiterinnen und -leiter von der Volkshochschule abwenden und Bildungsqualität und -angebot für alle Bürgerinnen und Bürger sowie die Integration für erwachsene, nicht deutschsprachige Neuhamburgerinnen und -hamburger zunehmend gefährdet werden. Zuschüsse zur Renten- und Krankenversicherung für alle Kursleiterinnen und -leiter, die ihre Existenz aus ihrer Tätigkeit bestreiten, sowie eine bessere Bezahlung für alle Honorarkräfte sind darum dringend notwendig und lange überfällig. Deshalb fordert die GEW, als ersten Schritt zumindest 35 Euro Honorar pro Kursstunde im kommenden Haushalt zu garantieren.
„Bessere Bildung in Kinder- und Jugendhilfe, Schule, Berufsbildung, Hochschule und Weiterbildung sowie die Verbesserung der Arbeits- und Einkommens- und der sonstigen Rahmenbedingungen in allen Bildungseinrichtungen können nur erreicht werden, wenn Hamburg erheblich mehr Geld für Bildung aufwendet als nun veranschlagt. Aktuelle Herausforderungen wie z.B. die Inklusion, die Ganztagsschulen, die Integration der geflüchteten Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen, die Gestaltung des Bildungsprozesses in einer Migrationsgesellschaft, die Sanierung maroder Bildungseinrichtungen und ihre digitale Ausstattung sind sonst nicht zu bewältigen“, so Bensinger-Stolze abschließend.
Foto: GEW Hauptvorstand